Fakten und Hintergründe zum Schwerbehindertengesetz

Rund 1,1 Millionen schwerbehinderte Menschen waren im Jahr 2021 in Deutschland beschäftigt. Ihre Rechte regelt das Schwerbehindertengesetz. Es stellt einen Rahmen für die erfolgreiche Inklusion im Unternehmen zur Verfügung und bietet Unterstützung für die Beantragung von Fördermitteln. Und das Gesetz hat Erfolg: Das zeigt sich zum Beispiel im stetigen Rückgang arbeitsloser Schwerbehinderter. Lesen Sie hier, worauf Arbeitgeber bei der Beschäftigung schwerbehinderter Arbeitnehmer achten sollten, welche Förderungen möglich und welche Herausforderungen denkbar sind.

Was ist das Schwerbehindertengesetz?

Als schwerbehindert gilt nach dem Gesetz, wer einen eingetragenen Grad der Behinderung von mindestens 50 Prozent nachweist. Mit einem geringeren Grad als 50, jedoch von mindestens 30 Prozent, lässt sich beantragen, einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt zu werden.
In beiden Fällen sollten sich Arbeitgeber spätestens vor der geplanten Einstellung mit dem Schwerbehindertengesetz auseinandersetzen. Mitarbeiter mit einem entsprechenden Grad der Behinderung unterliegen teilweise besonderen Regeln, unter anderem, was den Urlaubsanspruch betrifft.

Gut zu wissen: Unternehmen mit mehr als 20 Mitarbeitern – nicht mitzuzählen sind Auszubildende, Minijobber mit weniger als 18 Wochenarbeitsstunden und temporär Beschäftigte – sind laut § 71 Abs. 1 SGB I dazu verpflichtet, mindestens 5 Prozent der Stellen mit schwerbehinderten Menschen zu besetzen.

Das Schwerbehindertengesetz betrifft folglich rund 173.000 Betriebe in Deutschland. Wer sich dieser Pflicht entzieht, zahlt: Für jeden unbesetzten Inklusionsarbeitsplatz fällt die sogenannte Ausgleichsabgabe an. Die Zahlung erfolgt an das jeweils zuständige Integrationsamt. Die Höhe variiert mit der Größe des Betriebs und kann zwischen 125 und 320 Euro liegen. Werden die erforderlichen 5 Prozent nur teilweise erreicht, ist die Integrationsabgabe anteilmäßig fällig.blog_icons_glossarr

Pflichten für Arbeitgeber im Überblick

Was besagt das Schwerbehindertengesetz im Detail und welche Pflichten kommen auf Arbeitgeber zu? Grundsätzlich ist zu beachten, dass schwerbehinderte Mitarbeiter zu keiner Zeit diskriminiert oder benachteiligt werden dürfen. Das gilt in allen Phasen des Angestelltenverhältnisses sowie für die Rekrutierungs- beziehungsweise Bewerbungsphase. Das bedeutet im Einzelfall auch, dass der Arbeitsplatz über bestimmte Ausstattungsmerkmale verfügen muss, die sicherstellen, dass Mitarbeiter mit Beeinträchtigungen ihre Skills optimal einsetzen können. So sind Arbeitsumfeld, Workflows und Prozesse auf etwaige Beeinträchtigungen abzustimmen, die Teilnahme an internen und externen Weiterbildungen muss ermöglicht werden. Ist aufgrund der Art oder Schwere der Behinderung keine Vollzeitarbeit möglich, haben schwerbehinderte Arbeitnehmer Anspruch auf Teilzeitarbeit.

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Was gibt es bei der Einstellung zu beachten?

Aufgrund der Integrationspflicht sind Unternehmen dazu angehalten, zu prüfen, ob sich vakante Stellen mit schwerbehinderten Mitarbeitern besetzen lassen. Insbesondere sind arbeitslos beziehungsweise Arbeit suchend gemeldete Personen zu berücksichtigen. Tipp: Bei der Suche bietet die Agentur für Arbeit in Kooperation mit dem Integrationsamt Unterstützung und schlägt geeignete Fachkräfte vor.

Gehen Vorschläge ein, kommt die Schwerbehindertenvertretung ins Spiel. Sie ist Pflicht, sobald Sie mehr als fünf schwerbehinderte Menschen beschäftigen oder in Betrieben mit mehr als 100 Mitarbeitern. Ihre Hauptaufgabe liegt darin, beeinträchtigte Mitarbeiter bei der Eingliederung zu beraten und zu unterstützen.

Wichtig: Versäumen Sie es, vakante Stellen auch für Schwerbehinderte auszuschreiben beziehungsweise die entsprechende Prüfung über die Agentur für Arbeit vorzunehmen, droht Schadensersatz. Allerdings kann ein solches Szenario nur eintreffen, wenn der Bewerber die Schwerbehinderung offenlegt. Danach fragen dürfen Sie im Zuge des Einstellungsprozesses nicht. Erst nach einer mindestens sechsmonatigen Betriebszugehörigkeit ist die Frage zulässig.blog_icons_glossarr

Regelungen zu Urlaubszeiten

Auch was Urlaubs- und Krankenzeiten angeht, sieht das Schwerbehindertengesetz gesonderte Bestimmungen vor. So stehen schwerbehinderten Vollzeitmitarbeitern unabhängig von den internen Urlaubsregelungen Ihres Betriebs fünf zusätzliche Tage zu. Bei Teilzeitbeschäftigten werden die Tage anteilig gewährt.

Im Falle einer Erkrankung während des Urlaubs oder wenn Beschäftigte aufgrund von Krankheit die Urlaubstage nicht nehmen können, gelten übrigens keine gesonderten Regelungen. Es besteht maximal 15 Monate nach Ende des Bezugszeitraums Anspruch auf die entsprechenden Tage.

Was passiert im Falle einer Kündigung?

Schwerbehinderte Mitarbeiter unterliegen zwar einem besonderen Schutz, sind jedoch nicht unkündbar. So gilt die vereinbarte Probezeit von maximal sechs Monaten für sie ebenso wie für jeden anderen Arbeitnehmer. Darüber hinaus tritt für sie das Kündigungsschutzgesetz (KschG) in Kraft: Die Beweislast einer rechtmäßigen Kündigung liegt in diesem Fall beim Arbeitgeber. Dieser ist außerdem verpflichtet, die Zustimmung des In­te­gra­ti­ons­am­tes einzuholen und die Schwer­be­hin­der­ten­ver­tre­tung im Betrieb zu informieren.

blog_icons_glossarrWelche staatlichen Förderungen können Arbeitgeber beantragen?

Den Arbeitsplatz behindertengerecht auszustatten und potenzielle Nachteile auszuschließen, kann Kosten verursachen. Das Schwerbehindertengesetz sieht vor, Arbeitgeber dabei finanziell zu entlasten. Die folgenden Zuschüsse lassen sich bei der Agentur für Arbeit beantragen:

  • Eingliederungszuschuss: Unter Umständen ist bei schwerbehinderten neuen Mitarbeitern eine längere oder ausführlichere Einarbeitungszeit notwendig. Die Mehrkosten übernimmt die Agentur für Arbeit. Dabei wird die Höhe der Zuschüsse entsprechend der Dauer des Onboardingprozesses individuell berechnet.
  • Übernahme der Kosten für Probearbeit: Schwerbehinderte können maximal drei Monate bezahlt zur Probe arbeiten. Auch diese Aufwendungen sind erstattbar.
  • Zuschüsse zu Aus- und Weiterbildungen: Sofern eine Förderung ohne Zuschüsse nicht möglich ist, springt die Agentur für Arbeit ein.
  • Zuschüsse für die Ausstattung des Arbeitsplatzes: Gelder stehen auch zum Beispiel für eine spezielle technische Ausrüstung oder notwendige Umbauten zur Verfügung.

Die Agentur für Arbeit bietet einen Beratungsservice an, der bei der Auswahl der passenden Mittel unterstützt.

 

Herausforderungen bei der Integration: Tipps für erfolgreiche Inklusion

Damit schwerbehinderte Mitarbeiter ihre Skills optimal einsetzen können, ist bereits beim Onboarding auf einige Punkte zu achten. So erweist es sich in vielen Fällen als sinnvoll, für die Einarbeitung zusätzliche Ressourcen freizumachen und spezielle, angepasste Programme aufzusetzen.

Vorgesetzte und Kollegen sollten zudem für das Thema sensibilisiert und dazu angehalten werden, Schwerbehinderte ebenso zu fördern wie zu fordern, sie an Entscheidungsprozessen zu beteiligen und insgesamt zu einem fairen Miteinander beizutragen. Nicht zuletzt bringen sie schließlich neue Perspektiven in das Unternehmen, die letztendlich das Potenzial haben, den Unternehmenserfolg zu steigern.blog_icons_glossarr

Fazit – Chancengleichheit fördern und profitieren

Das Schwerbehindertengesetz sieht eine Reihe von Auflagen und Pflichten vor, die eine reibungslose Eingliederung und optimale Bedingungen für beeinträchtigte Mitarbeiter gewährleisten sollen. Sie zu kennen, kann vor Regress- und Bußgeldforderungen schützen. Die Einstellung schwerbehinderter Arbeitnehmer eröffnet allerdings auch viele Potenziale und kann deutlich zum Markterfolg beitragen.

 

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