Es ist ein weitverbreitetes Missverständnis, dass Preise in der Zeitarbeit kalkuliert werden. Exakt kalkulieren lassen sich Kosten, nicht aber Preise. Damit Kosten zu Preisen werden, muss noch ein anderes wichtiges Element bestimmt werden, die Gewinnmarge.
So weit, so banal. Wir können die Definitionen jedoch nutzen, um die besonderen Anforderungen in der Zeitarbeit besser zu beschreiben. Die erste Besonderheit besteht darin, dass sich die Kosten von Auftrag zu Auftrag unterscheiden. Daher gehört eine solide Kostenkalkulation tatsächlich unverzichtbar zur Preisfestsetzung in der Zeitarbeit. Sie ist die Grundlage, die „Pflicht“. Die Bestimmung der Gewinnmarge ist dann die „Kür“. Die Aufgabe besteht darin, eine passende Gewinnmarge zu bestimmen, die einerseits marktgerecht ist und anderseits aus Unternehmersicht passt. Wie wir sehen werden, hapert es bei beiden Aspekten erheblich.
Machen wir uns zunächst klar, wie wichtig es ist, Kostenkalkulation und Gewinnmargenbestimmung höchste Aufmerksamkeit zu schenken.
Links sehen wir die Gewinn-und-Verlust-Rechnung (GuV) der „Mau GmbH“. Die direkten Lohnkosten der externen Mitarbeiter liegen bei 75 %, 20 % werden für die internen Mitarbeiter und sonstige Kosten wie Mieten, Betriebskosten und Ähnlichem aufgewendet. Als echter Gewinn bleiben 5 % übrig. Die Smart GmbH betreibt ein identisches Geschäft mit einem kleinen, aber bedeutendem Unterschied: Sie erzielt Preise, die im Durchschnitt um 1 % höher liegen als die der „Mau GmbH“. Damit kommt sie auf 6 % - und das ist beim Vergleich der Umsatzrenditen eben 20 % besser!
1 % mehr oder weniger bei den Preisen schaffen diesen gewaltigen Unterschied aus unternehmerischer Sicht. Es ist nicht übertrieben zu sagen, dass die „Smart GmbH“ wegen ihres überlegenen Preismanagements 20 % wertvoller ist als die Konkurrenzfirma.
1 % - das ist ein (scheinbar) lächerlich geringer Betrag, der in der Praxis einfach untergeht. Die folgenden Beispiele zeigen Kostensituationen, die – wenn nicht beachtet – genau in dieser Höhe zur Margenerosion führen. Ausgangspunkt ist ein 6-monatiger Einsatz eines Mitarbeiters mit 15 € Stundenlohn und einem Ziel-Verrechnungssatz von 30 €.
Alle Beispiele oben haben als gemeinsamen Nenner, dass Besonderheiten in der Kostensituation nicht erfasst oder (bei der Nettolohnoptimierung) genutzt wurden. Mit anderen Worten: Unsere Kostenkalkulation war nur ungefähr richtig. „Ungefähr richtig“ bedeutet aber: Gegenüber einem exakt rechnenden Unternehmen wie der „Smart GmbH“ fehlen 20 % Gewinn.
Beim Thema Marge arbeiten die meisten Zeitarbeitsfirmen mit ungefähren Faktor-Vorgaben, z. B.:
Aus Sicht des Preisexperten haben die Unternehmen damit bereits die weiße Flagge gehisst: Strukturiertes, erfolgreiches Preismanagement wird es mit diesen Vorgaben nicht geben.
Das fängt schon beim eher technischen Punkt an, dass auch grundsätzlich richtige Faktor-Vorgaben angepasst werden sollten, wenn eine besondere Kostensituation vorliegt. Denken Sie an das Beispiel mit dem erhöhten Urlaubsanspruch von oben. Der Standardfaktor bringt hier nicht die erwünschten Ergebnisse und es wäre ja auch nicht schwer, ob des erhöhten Urlaubsanspruchs einen höheren Preis bei den Kunden zu argumentieren.
Vor allem sind die Vorgaben viel zu ungenau, um sich selbst und erst recht die Niederlassungen zu führen. Wann Faktor x, wann y? In welchen Situationen erwarten wir einen besseren Faktor als den Mindestfaktor usw.
Gelegentlich lohnt es sich, einmal über den Tellerrand zu schauen. Nehmen wir die Luftfahrt als Beispiel. Sicher ist Ihnen auch schon aufgefallen, dass Tickets teurer werden, je näher der Flug rückt.
Ist es nicht offensichtlich, dass man das gleiche Prinzip auch bei den Verrechnungssätzen anwenden sollte?
Wir sind hier bei einem wichtigen Pricing-Thema, der Preisdifferenzierung. In Bezug auf die Zeitarbeit sollte man richtiger von Margen-Differenzierung sprechen, Preise unterscheiden sich aufgrund der erheblichen Kostendifferenzen ohnehin. Der Zeitabstand zwischen Angebot und Einsatz ist dabei nur ein mögliches Differenzierungskriterium, es gibt weitere.
Ein solides Preismanagement fängt damit an, dass man die Dimensionen identifiziert, nach denen die Margen differenziert werden sollen. Dann werden realistische Ziele für die jeweiligen Einsatzsituationen festgelegt und an die Mannschaft kommuniziert. Schließlich ist festzulegen, wie viel Spielraum die angebotserstellenden Mitarbeiter erhalten sollen, wenn sie Preise vor Ort machen.
Sie finden das zu kompliziert oder sonst irgendwie lästig? Bedenken Sie:
Viel Erfolg beim Preismanagement!
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Kommen Sie auf uns zu – wir helfen Ihnen gerne!
Jochen Garbers war Senior Director bei der auf Pricing spezialisierten Unternehmensberatung Simon Kucher & Partners. Seit 2011 liegt sein Fokus auf Kalkulations- und Preissystemen in der Zeitarbeit. Im vergangenen Jahr gründete er „kalkool“, das führende Kalkulations- und Preisfindungstool für die Zeitarbeit.
Website: kalkool.de
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