Die Lücke zwischen Kandidatenerwartungen und den Arbeitgeberbemühungen im Hinblick auf Stellenanzeigen, Bewerberkommunikation und die Bewerbungsmöglichkeiten klafft erschreckend auseinander. Dies wird in einer StepStone-Studie deutlich. Ich habe die wichtigsten Erkenntnisse im Folgenden zusammengetragen und mit Empfehlungen ergänzt.
Die Stepstone-Studie belegt – wen wundert's – dass es einen Zusammenhang gibt, zwischen Jobzufriedenheit und dem Interesse an einer beruflichen Veränderung.
Nur 40 % der mit ihrem Job zufriedenen Fachkräfte sind aktiv auf Jobsuche. Wohingegen 77 % der mit ihrem Job unzufriedenen Fachkräfte aktiv auf Jobsuche sind.
Interessant ist, dass 60 % der mit ihrem Job zufriedenen Fachkräfte trotzdem offen für neue Angebote sind. Das sind die passiven, aber eben grundsätzlich wechselwilligen Kandidaten, über die so viel gesprochen wird und die Zielgruppe des Active Sourcings sind.
Keinen Jobwechsel wünschen sich aktuell nur 10 % der Befragten. 95 % von ihnen sind zufrieden mit ihrer aktuellen beruflichen Tätigkeit.
Befragt, warum sich Fachkräfte gegen eine Bewerbung entscheiden, gab die Hälfte der befragten Fachkräfte an:
50 %: Mir haben wichtige Informationen in der Stellenanzeige gefehlt.
Warum entscheiden sich Fachkräfte nach dem Besuch der Unternehmenswebsite gegen eine Bewerbung?
53 % bezweifelten, dass die Infos zum Unternehmen der Realität entsprechen.
Nach den Gründen befragt, warum sich Bewerber nach ihrem Vorstellungsgespräch gegen den Arbeitgeber entschieden haben:
51 %: Die Arbeitsinhalte entsprachen nicht meinen durch die Stellenanzeige geweckten Erwartungen.
48 %: Der Gehaltsvorschlag entsprach nicht meinen Erwartungen.
35 %: Die Informationen zu Arbeitsplatz und Unternehmen erschienen mir nicht ehrlich.
Die Kandidatenbefragungen zeigen, dass Unternehmen ihre offenen Stellen oft nicht ansprechend, konkret und verständlich darstellen. Auch die Glaubwürdigkeit ist ein wichtiger Faktor, dem so manche Bewerbung zum Opfer fällt.
64 % der Personen, die sich gegen eine Bewerbung entschieden haben, hielten die Stellenanzeige für unglaubwürdig.
Die Arbeitgeberattraktivität beeinflusst das Recruiting sowie die langfristige Mitarbeiterbindung ebenfalls, heißt es in der Studie. Empfohlen wird Arbeitgebern die Prioritäten, Wünsche und typischen Verhaltensweisen der gesuchten Zielgruppe genau zu analysieren und dies zu berücksichtigen.
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Dies bestätigt den praktischen Nutzen von Candidate Personas. Über ihre Vorteile haben wir bereits ausführlich geschrieben. Die weniger aufwendigere Variante ist die Beschäftigung mit den Generationen. Welche Generation wollen Sie mit Ihrer Stellenanzeige ansprechen? Schließlich muss man einen 25-Jähren anders ansprechen, als einen 50-Jährigen.
Die Beschäftigung mit der Zielgruppe ist jedoch sehr allgemein und bleibt damit weit hinter den aktuellen, technischen Möglichkeiten zurück. Eine Reduzierung auf das Geburtsjahrzehnt, aus dem dann Bedürfnisse und Verhaltensweisen abgeleitet werden, erscheint vor dem Hintergrund der Möglichkeiten des Mikrotargetings oder sogar der Verwendung von Echt-Zeit-Daten über Nutzer doch sehr ungenau.
Recruiter sollten sich die Antworten auf die folgende Frage zu Herzen nehmen, wenn sie die nächste Stellenanzeige erstellen: Welche Infos wollen Kandidaten in einer Stellenanzeige haben?
Offensichtlich erfüllen Stellenanzeigen diese Wünsche selten, denn:
Nur 2 von 10 Fachkräften reichen die Informationen in Stellenanzeigen i. d. R. aus.
Den meisten Befragten fehlen Infos zu Gehalt, Arbeitszeit und Entwicklungsperspektiven.
Für 60 % der Kandidaten sind zudem Infos aus dem Unternehmensalltag für eine Entscheidung für einen Job wichtig.
Obwohl Recruiter wissen, was Kandidaten wichtig ist in Stellenanzeigen, handeln viele Unternehmen nicht entsprechend. Sie nutzen somit nicht das volle Potential von Stellenanzeigen aus. Dies ist umso erstaunlicher, weil Stellenanzeigen i. d. R. der erste Kontakt der Jobsuchenden mit dem potentiellen Arbeitgeber sind.
54 % der Befragten gaben sogar an, sich nicht auf eine inhaltlich passende Stelle beworben zu haben, wegen einer unattraktiv gestalteten Stellenanzeige.
Die Einstufung der Attraktivität ist aus Kandidatensicht dabei v. a. abhängig von einer übersichtlichen Gestaltung der Inhalte in Textblöcken, einer insgesamt ansprechenden Gestaltung sowie der Anzahl der gewünschten Qualifikationen und der aufgeführten Arbeitsinhalte.
Stellenanzeigen enthalten neben den konkreten Job-Details über die ausgeschriebene Stelle auch immer Infos über den Arbeitgeber. Für Kandidaten ist nicht nur die ausgeschriebene Stelle mit ihren Anforderungen wichtig, sondern auch das Arbeitsumfeld.
Zur Arbeitgeberattraktivität gehören diverse Faktoren wie das Ansehen in der Öffentlichkeit, der Standort, das Arbeitsklima, der wertschätzende Umgang mit den Mitarbeitern, etc. Dass Employer Branding Floskeln sowohl von den Kandidaten, als auch von den Recruitern als (eher) unglaubwürdig eingestuft werden, zeigen die Studienergebnisse ebenfalls.
Durchschnittlich rufen 52 % der Kandidaten monatlich ihre Stellenanzeigen mobil auf StepStone auf. Das wird bei anderen Jobbörsen nicht anders sein.
Anstatt die Unternehmensseite mit der Karriereseite für mobile Endgeräte zu optimieren und so den Erfolg der eigenen Stellenschaltung zu erhöhen, beschäftigen sich laut der Studie jedoch nur die Hälfte der Recruiter mit der mobilen Optimierung der Stellenanzeige.
Die Studie endet mit der Praxisempfehlung einen unkomplizierten Bewerbungsprozess zu gewährleisten. Dieser beginnt bereits bei der Stellenanzeige. Empfohlen wird:
Arbeitgeber, die dies berücksichtigen, verschaffen sich einen Wettbewerbsvorteil im Recruiting. Je höher die Hürde ist, sich zu bewerben (wegen unzureichenden und unglaubwürdigen Infos, zu komplizierten Bewerbungsmöglichkeiten, etc.), desto weniger potentielle Kandidaten werden sich auch bewerben.
Das abschließende Fazit hebt die große Bedeutung von Kommunikation für eine positive Candidate Experience hervor. So besteht z. B. schon während des Bewerbungsprozesses der Wunsch nach direktem Austausch mit unterschiedlichen Unternehmensvertretern.
Für den Prozess der Stellenbesetzung ist Kommunikation entscheidend. Was wird an welcher Stelle, wo im Prozess wie und v. a. an wen kommuniziert. Potentielle Kandidaten sind aktuell meist in der glücklichen Position wählerisch und anspruchsvoll in der Jobwahl sein zu können.
Also muss man sie erreichen, überzeugen und begeistern. Man kommt nicht mehr umhin ihren Wunsch nach schneller, transparenter und glaubwürdiger Kommunikation sowie nach einem einfachen Bewerbungsprozess nachzukommen.
Dass die Studie in ihrem umfangreichen Fragenkatalog den Einsatz von Chatbots im Recruitingprozess nicht aufgenommen hat, erstaunt. Schließlich sind sie aus der Kundenkommunikation nicht mehr wegzudenken. Zudem sind hier sehr unterschiedliche Einsatzszenarien möglich und es wäre gerade bei der sehr großen Studienteilnehmerzahl interessant gewesen neue Erkenntnisse zu gewinnen.
Dem Wunsch nach schneller Kommunikation und einer einfachen Bewerbungsmöglichkeit kommen Chatbots definitiv nach. Ein Beispiel, wie Chatbots die Candidate Experience verbessern können, habe ich ausführlich im Blogartikel Chatbot in der Stellenanzeige – Chance für mehr Bewerber beschrieben. Dem genannten Artikel liegt eine eigene Studie und ein Testpilot für einen Chatbot in der Stellenanzeige zugrunde. Wenn Sie das Thema Chatbot in der Stellenanzeige interessiert, sprechen Sie uns an!
Kommen Sie auf uns zu – wir beraten Sie gerne!
Jobsuche im Fokus. StepStone Recruiting Insights, hrsg. von der StepStone GmbH von Dr. Anastasia Hermann und Patricia Pela, September 2018.
Für die Studie „Jobsuche im Fokus“ wurden im zweiten Quartal 2018 zwei Online-Befragungen unter insgesamt ca. 30.000 Fach- und Führungskräften in Deutschland durchgeführt. Darüber hinaus wurden noch ca. 5.000 Recruiter und für die Personalbeschaffung verantwortliche Manager befragt.