Das Gesetz zur Förderung der Transparenz von Entgeltstrukturen, kurz Entgelttransparenzgesetz, soll dabei helfen, Ansprüche auf gleiche Bezahlung durchzusetzen. Es verbietet bei gleicher oder gleichwertiger Tätigkeit die monetäre Benachteiligung aufgrund des Geschlechts. Kurz gesagt, dürfen Frauen in vergleichbaren Positionen nicht schlechter bezahlt werden als Männer und umgekehrt. Um etwaige Unterschiede zu beseitigen, sieht das Gesetz drei Instrumente vor:
Mit dem Entgelttransparenzgesetz geht der Auskunftsanspruch einher: Mitarbeiter haben das Recht, die Kriterien zu erfahren, anhand derer ihr Gehalt bestimmt wurde und welche Kriterien für gleichwertige Tätigkeiten gelten.
Betriebliche Prüfverfahren sollen Entgeltstrukturen in Unternehmen aufdecken und die Einhaltung des Entgeltgleichheitsgebots sicherstellen. Die so entstehende Entgelttransparenz hat für Unternehmen signifikante Vorteile. Es stärkt das Vertrauen der Beschäftigten in ihre Firma, erhöht so nicht zuletzt die Mitarbeiterbindung und senkt die Fluktuation.
Einige Unternehmen sind schließlich dazu verpflichtet, Berichte zur Entgeltgleichheit anzufertigen. Sie belegen vom Unternehmen eingeleitete Maßnahmen zur Entgeltgleichheit von Frauen und Männern. Auch wenn keine solchen Schritte eingeleitet wurden, ist der Bericht Pflicht – inklusive Begründung, warum keinen Maßnahmen erfolgten. Er ist als Anlage zum Lagebericht im Bundesanzeiger zu veröffentlichen.
Gut zu wissen: In den Bericht gehören neben getroffenen initiativen Angaben zur durchschnittlichen Mitarbeiterzahl sowie zur Anzahl der Voll- und Teilzeitbeschäftigten, jeweils aufgeschlüsselt nach Geschlecht. Entsprechende Veränderungen sind ab dem zweiten Bericht anzugeben.
Gleicher Lohn für gleiche Arbeit – das Entgelttransparenzgesetz soll diesen Grundsatz stärken. Verpflichtend sind die entsprechenden Instrumente grundsätzlich für Betriebe mit mehr als 200 Mitarbeitern. Betriebliche Prüfverfahren und Berichtspflicht gelten für Firmen mit mehr als 500 Beschäftigten. Das bedeutet in der Praxis: Arbeiten zwischen 200 und 500 Personen in Ihrem Betrieb, müssen die Mitarbeiter aktiv werden und die Gehaltskriterien selbst erfragen. Firmen mit mehr als 500 Beschäftigten legen die Gehaltsstrukturen und entsprechenden Maßnahmen eigenständig vor.
Beim Auskunftsanspruch unterscheidet das Gesetz zwischen tarifgebundenen und nicht tarifanwendenden Arbeitgebern. Das Recht besteht bei beiden, lediglich die Art der Auskunftseinholung variiert. In tarifgebundenen Unternehmen ist der Betriebsrat gefragt. Arbeitnehmer wenden sich an ihn, der wiederum die Informationen beim Betrieb einholt. In außertariflichen Unternehmen entfällt der Weg über den Betriebsrat, Angestellte richten sich direkt an ihren Arbeitgeber.
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Grundsätzlich haben alle Angestellten von Betrieben mit mehr als 200 Mitarbeitern das Recht, alle drei Jahre die Gehaltskriterien zu erfragen. Das gilt für Voll- und Teilzeitarbeitnehmer ebenso wie für Auszubildende. Auch Beamte, Richter und Soldaten sind auskunftsberechtigt.
Können Mitarbeiter durch das Entgelttransparenzgesetz die Gehälter von Kollegen erfragen? Mit der Einführung im Jahr 2017 sorgten sich viele Arbeitnehmer um den Datenschutz. Um diesen zu bewahren, sieht das Entgelttransparenzgesetz eine Vergleichsgruppe vor. Auskunft darf gemäß § 12 Abs. 3 EntgTranspG nur erfolgen, wenn mindestens sechs Personen des jeweils anderen Geschlechts diese Vergleichsgruppe bilden. Arbeitgeber beziehungsweise der Betriebsrat ermitteln im Falle einer Auskunftsanfrage folglich die Anzahl der Personen, die eine vergleichbare Tätigkeit ausüben.
Üben weniger als sechs Personen die fragliche Tätigkeit aus, erfolgen die Angaben lediglich auf Basis der Entgeltkriterien: Beschäftigte erfahren, anhand welcher Faktoren das Unternehmen zum Beispiel Erschwerniszulagen gewährt. Erfahrungsgemäß schrumpfen mögliche Vergleichsgruppen mit einem Aufstieg auf die Karriereleiter. Auf Führungsebene besteht häufig kaum noch Auskunftsanspruch.
Bislang trägt das Entgelttransparenzgesetz schleppend dazu bei, die Lohnlücke zwischen Frauen und Männern zu schließen. Auskünfte werden von nur wenigen Beschäftigten eingeholt. Und stellt sich nach einer solchen tatsächlich Lohnungleichheit heraus, sind Klagen schwer durchsetzbar. So sind Urteile zum Entgelttransparenzgesetz noch selten.
Das Landesarbeitsgericht Niedersachsen sprach am 1. August 2019 eines aus – zugunsten des Arbeitgebers. Allein der statistische Gehaltsmedian der Vergleichsgruppe beweise demnach keine Entgeltdiskriminierung. Das Bundesarbeitsgericht sah das laut Entgelttransparenzgesetz anders und urteilte am 21. Januar 2021, dass Arbeitgeber nachweisen müssen, dass die Gehaltsunterschiede nicht auf dem Geschlecht basieren.
Wie funktioniert das Entgelttransparenzgesetz in der Realität der Arbeitswelt? Die Hans Böckler Stiftung veröffentlichte im Jahr 2019 eine Studie, die ihm lediglich eine geringe Wirkung bescheinigt. Nur wenige Unternehmen, genauer gesagt rund zwölf Prozent, sind in den ersten Monaten nach Einführung aktiv geworden. Aufseiten der Arbeitnehmer war das Interesse ebenfalls gering. In mittelgroßen Betrieben holten 13 Prozent Auskunft ein, in großen immerhin 23 Prozent.
Rund fünf Jahre nach Verabschiedung des Gesetzes klafft weiterhin eine Lücke zwischen dem Lohn von Frauen und Männern. Das fasst abermals die Hans Böckler Stiftung im März 2022 in der Erhebung „Entgeltgleichheit im digitalen Wandel? Eine explorative Studie zu betrieblichen Prüfungen der Entgeltgleichheit von Frauen und Männern“ zusammen. Die Gründe dafür sind zahlreich. Entgeltprüfungen scheitern demnach am mangelnden Willen der Arbeitgeber, aber auch an ausbleibendem Engagement des Betriebsrats. Die Studie beobachtete außerdem, dass geschlechterbezogene Stereotypen eine wesentliche Rolle spielten: Frauen engagierten sich oftmals geringer und kümmerten sich weniger um Entgeltfragen.
Die Studie gibt jedoch auch einen positiven Ausblick. So könne der Einsatz digitaler Technologien neue und höhere Anforderungen mit sich bringen und in der Folge auch eine Aufwertung des Gehalts. Die langsam, aber stetig steigende Akzeptanz von Gleichstellungszielen in der Gesellschaft sowie in Unternehmen lässt die Initiatoren der Studie ebenfalls hoffnungsvoll in eine Zukunft mit gleicher Bezahlung für Frauen und Männer blicken.
Noch fordern nur wenige Mitarbeiter im Rahmen des Entgelttransparenzgesetzes Auskunft ein. Die Gehaltslücke besteht weiterhin und sie ist tief. Frauen verdienen in Deutschland im Durchschnitt 18 Prozent weniger als Männer. Die Ursachen sind vielfältig und basieren nicht zuletzt auf der Tatsache, dass rund 62 Prozent aller Minijobs Frauen besetzen. Zugleich birgt die Offenlegung von Gehaltsstrukturen, gleiche Bezahlung und Maßnahmen, um diese zu manifestieren, für Unternehmen hohes Potenzial. Transparenz in diesem Bereich stärkt das Renommee, das Vertrauen und die Bindung der Belegschaft zu ihrem Unternehmen.