André Beier: Nach dem neuen Urteil sind Arbeitgeber verpflichtet, zum Schutz der Arbeitssicherheitsrichtlinien, ein System zu implementieren, welches die Arbeitszeiten der Mitarbeiter erfasst und eine Auswertung zur Verfügung stellt bzw. komplett dokumentiert. Es besagt nicht, in welcher Form, also ob zum Beispiel die Zeiterfassung analog oder digital erfolgen muss. Ohnehin wäre eine analoge Lösung ein Rückschritt für die Bürokratie und die Unternehmen wären noch weiter weg von dem Leitgedanken „Arbeiten 4.0“.
AB: Die Bundesregierung muss nun prüfen, für welche Berufsgruppen das Urteil Gültigkeit hat und in welcher Form und Zeit die Gesetzesvorgaben umzusetzen sind. Sicherlich sind einige bürokratische Hürden zu überwinden, die hoffentlich nicht in einem administrativen Chaos für die Arbeitgeber enden.
Zeitungsberichten zufolge wurden 2017 in Deutschland über zwei Milliarden Überstunden geleistet und nahezu die Hälfte sind nicht bezahlt worden.
Sicherlich ein Aspekt bei dem Arbeitnehmer zukünftig aufatmen werden. Gerade im heutigen Arbeitnehmermarkt in Deutschland wird ein Arbeitnehmer, nach meiner Ansicht, unbezahlte Überstunden über einen längeren Zeitraum nicht mehr hinnehmen, weil die Work-Life-Balance immer wichtiger wird. Selbst bei großen Unternehmen wie z. B. der Deutschen Bahn, kann der Mitarbeiter entscheiden, ob er mehr Lohn oder Urlaub erhält.
Ein zweiter wichtiger Punkt, der wissenschaftlich nachgewiesen wurde, ist, dass Mitarbeitende bei regelmäßiger Mehrarbeit unglücklicher werden und damit auch weniger produktiv. Das bedeutet, dass es auch keine Gefahr für unseren Wirtschaftsstandort gibt, wenn wir unsere innovativen und produktiven Mitarbeiter zufriedenstellen.
AB: Die Aufzeichnungspflicht wird sicherlich kommen – nur wann und wie genau sie durchzuführen ist, müssen wir abwarten. Laut Medienberichten werden die Umsetzungsvorschläge in der zweiten Jahreshälfte von der Koalition unterbreitet.
AB: Wir haben vor vier Jahren ein eigenes Zeiterfassungssystem auf Webbasis herausgebracht, speziell für die Arbeitnehmerüberlassung, und stellen dem Kunden des Zeitarbeitunternehmens unter anderem Betriebsdatenerfassungsgeräte zur Verfügung, die mittels einer Sim-Karte die Daten direkt an unser AZE-Zeiterfassungsportal sendet. Entleiher und Verleiher haben sofort Dateneinblick und der Kunde kann die Zeiten direkt digital bestätigen/unterschreiben. Diese werden dann für die Gehaltsabrechnungen und Rechnungsschreibung in unserer Zeitarbeitverwaltungssoftware attina direkt verarbeitet. Als weiteres Highlight bieten wir den Zeitarbeitnehmern eine Zeiterfassung-APP, wobei auch der Urlaub beantragt und Nachrichten über den ComNOW-Messenger mit der attina-Software ausgetauscht werden.
AB: Bei Einsatz eines Zeiterfassungsportals ist das mühsame Einholen der wöchentlichen Zeitnachweise bei den Mitarbeitern sowie die manuelle Datenerfassung obsolet. Disponenten freuen sich, dass sie sich auf die Datenkontrolle konzentrieren und die Rechnungen zeitnah an den Kunden versenden können. Ein wichtiger Liquiditätsaspekt. Darüber hinaus wird der Zeitdruck bei der Erstellung der Gehaltsabrechnungen vermindert. Der Zeitarbeitskunde hat ebenfalls Zugriff auf das AZE-Portal und kann sich seine Daten und Statistiken selber auf seinen Bedarf zusammenstellen. Eine Win-Win-Situation für Verleiher, Entleiher und Mitarbeiter.
AB: Hier sehe ich keine Herausforderungen für die Unternehmen. Die Arbeitszeiterfassungsdaten laufen mit der DSGVO überein, wenn nur so viel Daten wie notwendig erhoben und die Beteiligten vertraglich eingebunden werden.
AB: Jeder Arbeitgeber ist grundsätzlich gut beraten, sich dem Thema „digitale Zeiterfassung“ zu widmen und einen Meilenstein setzt anstatt einen Stolperstein. Das ist ein wichtiger Zukunftsschritt für Arbeiten 4.0!
André Beier ist Geschäftsführender Gesellschafter der ABC GmbH – „Professionelle Softwarelösungen“.
Die ABC Software GmbH beschäftigt sich mit Softwarelösungen im Bereich Arbeitnehmerüberlassung, Zeiterfassung, HR und Personalvermittlung. Beier gibt Vorträge zu dem Thema Arbeiten 4.0.
„Die Art. 3, 5 und 6 der Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung sind im Licht von Art. 31 Abs. 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union sowie von Art. 4 Abs. 1, Art. 11 Abs. 3 und Art. 16 Abs. 3 der Richtlinie 89/391/EWG des Rates vom 12. Juni 1989 über die Durchführung von Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Arbeitnehmer bei der Arbeit dahin auszulegen, dass sie der Regelung eines Mitgliedstaats entgegenstehen, die nach ihrer Auslegung durch die nationalen Gerichte die Arbeitgeber nicht verpflichtet, ein System einzurichten, mit dem die von einem jeden Arbeitnehmer geleistete tägliche Arbeitszeit gemessen werden kann.“ EuGH, Urteil vom 14.5.2019 – C-55/18
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